Chanson d'Amour
Das Biopic MONSIEUR AZNAVOUR feiert die unvergängliche Stimme des Jahrhundertkünstlers Charles Aznavour – in einem eleganten, berührenden und brillant gespielten Filmporträt, das die goldenen Zeiten des Chansons wieder aufleben lässt.
Mit MONSIEUR AZNAVOUR gelingt dem Autorenfilmer-Duo Mehdi Idir und Grand Corps Malade eine überwältigend stilvolle und emotionsgeladene Hommage an den größten Chansonnier Frankreichs, der unter dem Namen Charles Aznavour Weltruhm erlangte.
Schon der Aufbau des Films zeugt von künstlerischer Finesse: In fünf klar abgegrenzten Kapiteln, die nach Aznavours Liedern benannt sind, erzählen die durch La Vie Scolaire – Schulalltag bekannten Filmemacher die faszinierende Reise eines Außenseiters. Geboren als Shahnourh Vaghinag Aznavourian im Paris der 1930er Jahre, wächst er als Sohn armenischer Einwanderer in prekären Verhältnissen auf. Ohne Beziehungen, ohne Geld, aber mit einer unverwechselbaren Stimme, die sich jedem Modediktat widersetzt. Die Regisseure zeichnen seinen mühevollen Aufstieg eindringlich nach – mit Respekt, aber ohne sentimentale Verklärung. Statt in die üblichen Fallen vieler Biopics – kitschige Verklärung, plumpe Dramatisierung – zu tappen, vermeidet MONSIEUR AZNAVOUR klug jede falsche Note.
Dafür trifft der Film allerdings die richtigen, vor allem buchstäblich: Musikalisch balanciert MONSIEUR AZNAVOUR gekonnt zwischen Nostalgie und Entdeckung. Neben unvergessenen Klassikern werden auch weniger bekannte Perlen aus Aznavours Diskografie ins Rampenlicht gerückt. Selbst Chanson-Laien werden sich mehr als einmal dabei ertappen, einen bekannten Refrain mitzusummen, ohne zu wissen, dass auch dieser zum Repertoire des Meisters gehörte.
Und auch visuell kann die Filmbiografie überzeugen. Mit bemerkenswerter Präzision fangen die Macher hier die Atmosphäre der Jahrzehnte ein. Die Ausstattung ist detailverliebt, aber nie aufdringlich – sie trägt die Handlung, statt sie zu erdrücken, und beschwört die jeweilige Ära perfekt herauf.
Doch wie üblich steht und fällt ein Biopic mit der Besetzung. Und auch in diesem Aspekt ist bei MONSIEUR AZNAVOUR definitiv alles geglückt. Der unter anderem aus Madame Web bekannte Tahar Rahim liefert in der Titelrolle eine darstellerische Meisterleistung. Er verkörpert Aznavour mit subtilem Spiel, kraftvoller Präsenz und tiefem Einfühlungsvermögen. Jede Geste, jeder fragende Blick trägt die melancholische Eleganz, die Aznavour zeitlebens auszeichnete.
Doch Aznavour ist nicht die einzige große Musiklegende im Film, auch Édith Piaf, die Aznavours Karriere maßgeblich beeinflusste, spielt eine wichtige Rolle. Hier muss Marie-Julie Baup nicht nur die Chanson-Ikone verkörpern, sondern sich auch mit zahlreichen erstklassigen Schauspielerinnen messen, die Piaf bereits in Biopics verkörpert haben, von Brigitte Ariel in „Der Spatz von Paris“ bis hin zu Marion Cotillards Piaf-Interpretation in dem großartigen La Vie En Rose. Keine leichte Aufgabe für die Schauspielerin, doch sie meistert sie mit Bravour und liefert eine starke und eigenständige Darstellung der großen Künstlerin.
Besondere Erwähnung verdient auch Bastien Bouillon, der in der Rolle des Pierre Roche sehen ist. Roche, der bis in die 1950er Jahre Aznavours musikalischer Partner war, bekommt viel Raum und entwickelt sich dank des gut geschriebenen Drehbuchs und des phänomenalen Spiels von Bouillon zum absoluten Scene-Stealer.
MONSIEUR AZNAVOUR ist nicht nur ein Film für Fans französischer Musik. Es ist ein Erlebnis, ein vibrierendes Porträt eines Künstlers, der sich stets selbst treu blieb – und genau damit zum Weltstar wurde. Elegant inszeniert, meisterhaft gespielt und musikalisch betörend, verneigt sich diese Filmbiografie mit genau jener Mischung aus Bescheidenheit und Grandeur, die auch Charles Aznavour selbst so einzigartig machte.
Florian Tritsch
Titel: Monsieur Aznavour
Land/Jahr: Frankreich 2024
Label: Weltkino
FSK & Laufzeit: ab 0, ca. 134 Min.
Kinostart: 22. Mai