Sie leben jetzt!

„Irgendwann wird Schluss sein. Doch wann das der Fall sein wird, weiß nur der Himmel. Jedenfalls werden wir keine drei Abschiedstourneen machen.“
EVENT-TIPP
Lebe jetzt – das große Release-Konzert
Wenn der Erbacher Wiesenmarkt am 18. Juli seine Tore öffnet, bietet Südhessens größtes Volksfest gleich am Eröffnungsabend eine außergewöhnliche Überraschung. Das Highlight der Odenwälder Festtage: Europas erfolgreichstes Schlager-Duo, Die Amigos, die bei freiem Eintritt in der Bierhalle spielen werden. Karl-Heinz und Bernd Ulrich werden die 14 Songs – und natürlich ihren beliebten Hitmix – ihres brandaktuellen Albums Lebe jetzt live präsentieren. Ein Release-Konzert, das sich kein Amigos-Fan entgehen lassen sollte. Zumal: Als Familienbande unschlagbar, ist auch Bernds Tochter, die Chartstürmerin Daniela Alfinito, mit von der Partie. Im Anschluss an das Release-Konzert gibt es die Gelegenheit, eine Album-CD zu erwerben und handsigniert mit nach Hause zu nehmen.
Text: Dennis Ebbecke
Früher waren sie „im Umkreis von 50 Kilometern weltbekannt“, wie Bernd Ulrich gerne mit einem Augenzwinkern erzählt. Heute kennt und liebt man Die Amigos – nach wie vor – im gesamten deutschsprachigen Raum, weil sie sich „von niemandem in eine Ecke drängen“ lassen. Wir haben bei Bernd nachgefragt, wie es für das gefeierte Schlager-Duo nach dem Tod der Frau seines Bruders nun weitergeht und welche Rolle dabei das neue Album Lebe jetzt spielt.
Bernd, warum entspricht der Albumtitel Lebe jetzt dem aktuellen Amigos-Zeitgeist?
Im vergangenen Jahr ist sehr viel bei uns passiert. Vor allem der Tod meiner Schwägerin hat uns alle tief erschüttert, ganz besonders natürlich meinen Bruder. Nachdem seine Frau Doris verstorben war, standen wir zum ersten Mal in unserer Karriere vor der Frage, ob Die Amigos jemals wieder eine Bühne betreten würden. Wir haben uns dann doch zu diesem Album entschlossen, um ein bisschen Routine in unser Leben zurückzubringen. Die Entscheidung lag ganz allein bei Karl-Heinz, ob es mit uns weitergehen sollte oder nicht.
Was hat den Ausschlag bei ihm gegeben, das Projekt nicht zu beenden?
Mit der Zeit merkte mein Bruder, wie sehr ihm die Decke auf den Kopf fiel. Schließlich war er plötzlich vollkommen allein im Haus. Die beiden waren 45 Jahre miteinander verheiratet, teilten alles miteinander. Zu gegebener Zeit fragte ich ihn, ob es ihm vielleicht ein bisschen helfen würde, wieder Konzerte zu spielen. Wir haben es einfach probiert – und ja, es hat ihm geholfen. Es tat ihm sichtlich gut, gemeinsam mit seiner Crew unterwegs zu sein. Doch abends, wenn wir ihn nach dem Konzert nach Hause gebracht haben, war da wieder diese Stille. Wir wissen, dass es unzähligen Menschen so geht wie ihm, ein Trost ist das in dem Moment aber trotzdem nicht. Insofern klammern wir uns an den Gedanken, jetzt zu leben – weil es eben das Einzige ist, was einem bleibt und alles andere nun einmal der Himmel entscheidet.
Welche Unterstützung eure Ihre Familie von den Amigos-Fans erfahren?
Eine wahnsinnige Unterstützung! Sie haben mit uns gelitten und uns mit unzähligen Nachrichten Kraft geschenkt. Als im vergangenen Jahr unser Album Stimmen der Nacht erschien, dachten wir, dass es chancenlos sein würde – September ist nicht unsere üblich Veröffentlichungszeit. Normalerweise kommen unsere Alben im Juni oder Juli, so wie in diesem Jahr Lebe jetzt. Unsere Fans machten es möglich, dass Stimmen der Nacht trotzdem auf Platz eins der offiziellen Albumcharts landete. Es war unsere 16. Nummer eins – das muss man sich mal vorstellen. So eine Auszeichnung gibt einem natürlich Mut.
Plant ihr aufgrund der besonderen Umstände derzeit von Konzert zu Konzert?
Wenn man Konzerte machen möchte, dann bleibt einem leider nichts anderes übrig, als langfristig zu planen. Andernfalls bekommst du keine Hallen. Daher planen wir jetzt schon für 2026. Wir haben unsere Schlagzahl allerdings stark reduziert. Statt wie früher 150 bis 180 Konzerte zu spielen, muss es nun reichen, 60 bis 70 Termine wahrzunehmen. Wir können nur demütig und dankbar sein, dass die Fans so hinter uns stehen und die Hallen bei unseren Konzerten immer voll sind. Viele Kolleginnen und Kollegen beklagen sich darüber, dass sie in Konzertsälen, die bis zu 2000 Menschen fassen, vor gerade einmal 150 bis 200 Leuten spielen müssen. Das ist natürlich niederschmetternd. Irgendwann wird Schluss sein. Doch wann das der Fall sein wird, weiß nur der Himmel. Jedenfalls werden wir keine drei Abschiedstourneen machen (lacht) …
Auf diese Beständigkeit spielt die im Februar veröffentlichte Singleauskopplung Wie die Rolling Stones an. Mick Jagger denkt mit über 80 auch noch nicht ans Aufhören. Wie kam dieser Song zustande?
Du brauchst beim Joggen nur mal über einen Ast stolpern und schon ist in den einschlägigen Klatschblättern von Lebensgefahr die Rede. Ständig sind über uns Schlagzeilen wie „Schock für alle Fans: Die Amigos hören auf!“ im Umlauf. Nicht einmal wir wussten etwas davon (lacht). Unsere Antwort darauf ist der Song Wie die Rolling Stones – von wegen „Die Amigos hören auf“! Das Lied kommt bei den Fans hervorragend an, die Leute im Publikum jubeln.
Auch der Titel Petticoat und Rock ’n’ Roll führt euch zu euren Anfängen zurück. Wie viel Zeitreise steckt in diesem Album?
Auf jeden Fall spielen Erinnerungen eine Rolle. Als wir früher mit unserer Band über die Lande gezogen sind, haben wir von den Stones bis zu den Beatles die Songs unserer Idole live rauf- und runtergespielt. Ich möchte keine Sekunde der damaligen Zeit missen. Im Umkreis von 50 Kilometern waren wir weltbekannt.
Die Amigos stehen bis heute für eigene Songs, einen eigenen Sound und einen eigenen Kleidungsstil. Ist diese Authentizität der Grund für euren anhaltenden Erfolg?
Mit einem Satz gesagt: Wir machen, was wir wollen! Als die großen Plattenfirmen damals mit ihren Geldkoffern an unserer Haustür klingelten, sagten wir ab. Uns wurde gesagt, wir müssten auf Englisch singen. Unsere Antwort lautete: „Wie müssen gar nichts!“ Bis heute lassen wir uns von niemandem in eine Ecke drängen. Musik, die nicht aus dem Herzen kommt, lehnen wir ab. Ich glaube, dass diese Einstellung ein Grund dafür ist, dass es uns immer noch gibt. Es ist wichtig, dass man so bleibt, wie man ist. Wenn uns jemand als Superstars bezeichnet, kann ich damit nichts anfangen.
die-amigos.net